Du siehst ein Angebot und denkst: „So viel Geld - nur für ein paar Fotos?“ Genau hier liegt das Missverständnis. Du bezahlst nicht allein das Drücken des Auslösers. Du kaufst Planung, Risiko, handwerkliches Können, Nervenstärke am Set - und das Recht, die Bilder legal zu nutzen. Dieser Guide räumt mit Mythen auf und zeigt mit klaren Zahlen, wie Preise in Deutschland 2025 entstehen, worauf du achten solltest und wo sich fair sparen lässt.
Kurz zur Erwartung: Es gibt nicht den einen festen Tarif. Hochzeit in Hamburg, Headshots fürs Team, E‑Commerce, große Kampagne - jede Situation hat andere Anforderungen und damit andere Kostenblöcke. Nach diesem Artikel kannst du ein Angebot lesen wie ein Profi, realistische Budgets festzurren und souverän verhandeln.
„Die Kamera macht doch die Arbeit.“ Eher nicht. Gute Fotografie ist Vorbereitung, Logistik und schnelle Entscheidungen unter Druck. Bevor die erste Aufnahme entsteht, laufen schon Stunden: Briefing klären, Location prüfen, Licht planen, Equipment checken, ggf. Genehmigungen einholen, Moodboard abstimmen, Team buchen. Nach dem Shooting geht es weiter: Datensicherung auf mehreren Laufwerken, Auswahl, Farblook, Retusche, Export in passenden Formaten, Rechtetext, Rechnung, Archivierung.
Bei professionellen Aufträgen entstehen harte Fixkosten: Kamerabodies (2.500-7.000 € pro Stück), lichtstarke Objektive (1.000-3.000 € je Linse), Lichttechnik (1.500-8.000 €), Stative, Modifikatoren, Tethering, Software-Abos, Color-Management, Versicherungen (Haftpflicht, Equipment, evtl. Rechtsschutz), Studio- oder Locationmiete, Assistenten/HMUAs. Dieses Setup ist nicht Luxus, sondern sorgt dafür, dass auch bei Pech - Regen, defekter Karte, Stromausfall - zuverlässig Ergebnisse entstehen.
Hohe Verantwortung ist Teil des Preises. Termin steht, Gäste sind da, CEO hat 30 Minuten, das Produkt ist nur heute verfügbar. Ausfälle sind keine Option. Profis kalkulieren Redundanz ein: zwei Bodies, doppelte Karten, Backup-Licht, Ersatzkabel, Akkus, sichere Workflows. Das ist teurer als „mal eben knipsen“, spart dir aber das Risiko, am Ende ohne Ergebnisse dazustehen.
Und dann die Rechte: Mit der Bezahlung erwirbst du nicht automatisch alle Nutzungen. In Deutschland besitzt die Fotografin das Urheberrecht. Du erhältst eine Lizenz für bestimmte Zwecke, z. B. Webseite, Social Media, Printbroschüre, OOH, Online-Ads, Laufzeit und Regionen. Je größer die Reichweite oder je länger die Dauer, desto höher die Lizenz. Das ist Standard in Kreativbranchen.
„Das Honorar für Fotonutzungsrechte steht gleichberechtigt neben dem Honorar für die Erstellung.“ - MFM (Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing), Bildhonorare
Warum tauchen auf Angeboten manchmal Positionen wie „Nutzungsrechte 12 Monate, DACH, Online & Print“ auf? Weil ein Bild, das nur auf eurer Website lebt, einen anderen wirtschaftlichen Wert hat als eines, das bundesweit auf Plakaten und in Ads läuft. Lizenzen steuern Fairness: Kleine Nutzung = kleiner Preis. Große Reichweite = fairer Ausgleich.
Steuern und Abgaben sind kein Randthema. Auf Leistungen fällt in der Regel 19% Umsatzsteuer an. Kreative zahlen Krankenkasse/Rente oft über die Künstlersozialkasse; Auftraggeber, die regelmäßig Kreative beauftragen (z. B. Verlage, Agenturen), sind meist abgabepflichtig und zahlen eine Künstlersozialabgabe von rund 5% auf das Honorar. Private Auftraggeber betrifft das in der Regel nicht. Diese Rahmenbedingungen fließen in Kalkulationen ein, auch wenn sie nicht als separate Zeile auftauchen.
Ein letzter Punkt, der selten gesehen wird: die unsichtbare Zeit. E-Mails, Angebotsphase, Rechnungswesen, Datenpflege, Portfolio-Updates, Weiterbildung. Selbst wer 40 Stunden pro Woche arbeitet, kann nicht 5 Tage die Woche fakturieren. Realistisch sind 80-120 bezahlte Produktionstage im Jahr. Darum ist der Tagessatz höher, als eine einfache Stundenlohnrechnung vermuten lässt.
Es gibt unterschiedliche Preislogiken - je nach Aufgabe, Risiko und Output.
Eine simple, praxistaugliche Formel für den Tagessatz (ohne Lizenzen):
Tagessatz ≈ (Jährliche Fixkosten + Zielnettogehalt + Rücklagen/Invest + Gewinnaufschlag) / fakturierbare Tage
Beispiel: Fixkosten 35.000 € (Ausrüstung, Versicherungen, Software, Miete/Studio, Admin), Zielnetto 48.000 €, Rücklagen 10.000 €, Gewinn 7.000 €, fakturierbare Tage 100 → (35k + 48k + 10k + 7k) / 100 = 1.000 € pro Tag. Dazu kommen ggf. Team/Studio, Reisekosten und Nutzungsrechte. Werbekampagnen mit höherem Risiko/Team liegen entsprechend höher.
Reale Korridore 2025 in Deutschland (ohne Gewähr, Region und Erfahrung zählen):
So funktioniert das mit den Nutzungsrechten in der Praxis:
Beispielrechnung „Kleine Kampagne“ für ein Start-up (Deutschland, 12 Monate, Web & Social, kein OOH):
Gleiches Set, aber jetzt bundesweite Plakatkampagne (OOH) und Anzeigen: Dieselbe Produktion, aber die Lizenz steigt je nach Region/Dauer schnell um ein Vielfaches - z. B. 5.000-20.000 €+, weil der wirtschaftliche Wert der Bilder massiv höher ist.
Kontrast: Hochzeit (Hamburg, 10 Stunden, Samstag):
So liest du eine Kalkulation: Trenne im Kopf die „Herstellung“ (Shoot + Post + Team + Miete) von der „Nutzung“. Wenn dir der Preis hoch vorkommt, prüfe zuerst die Nutzung: Brauchst du wirklich EU-weit für 24 Monate? Oft reichen DE + 12 Monate + Web/Social. Nachlizenzieren kannst du später immer noch.
Auftrag | Leistung (Kurz) | Shooting-Honorar | Nutzungsrechte | Typischer Gesamtkorridor |
---|---|---|---|---|
Hochzeit (10 Std.) | Reportage + Bearbeitung | 2.000-3.200 € | privat inkl. | 2.000-4.000 € |
Business-Portraits (12 Pers.) | On-Location, 1 Tag | 1.000-1.600 € | Website/Social DE 12 Mon.: 200-600 € | 1.400-2.400 € |
E‑Commerce (50 Artikel) | Freisteller, Setup | Setup 300-600 € | pro Artikel 12-25 € (inkl. Web-Nutzung) | 900-1.850 € |
Werbekampagne | Team, Studio, 1-2 Tage | 2.500-6.000 €+ | je nach Medium/Region: 5.000-30.000 €+ | 10.000-50.000 €+ |
Kleine, aber teure Fallen:
So liest du ein Angebot Schritt für Schritt:
Checkliste fürs Briefing (schickt das in eurer Anfrage mit):
Ethisch sparen - ohne Qualität zu ruinieren:
Kurzer Entscheidungsbaum - brauchst du eine Profi-Fotografin?
Mini-FAQ:
Typische Risiken - und wie du sie vermeidest:
Nächste Schritte - je nach Rolle:
Ein persönlicher Tipp aus vielen Produktionen in Hamburg: Ein gutes Pre-Call spart dir am Set die meiste Zeit. 20 Minuten Zoom mit Motivliste, Beispielbildern und „No-Gos“ reduzieren am Drehtag Diskussionen auf Null. Und: Legt euch auf zwei Licht-Setups fest, statt fünf zu wollen - die Qualität springt sichtbar nach oben.
Zum Schluss eine Faustregel fürs Budgetgefühl: Wenn der Inhalt eher „immergrün“ und markenprägend ist (Startseite, Imagebroschüre, Großflächen), dann investiere mehr in Konzept, Licht und Nachbearbeitung - und sichere die nötigen Lizenzen gleich mit. Wenn der Inhalt schnelllebig ist (Social-Post, interne Doku), halte die Produktion schlank und die Nutzung klein. So steckt euer Geld da, wo es am meisten wirkt.
Und falls ein Angebot dich überrascht: Nachfragen. Profis erklären gern, wie der Preis zustande kommt - und finden meist einen Weg, den Scope so zu justieren, dass Budget, Qualität und Rechtssicherheit zusammenpassen.
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